Humor im Vorstellungsgespräch: Auf dem Grat zwischen Erfolg und Blamage

Wer Menschen mühelos zum Lachen bringt, macht sich meistens schnell beliebt. Gerade im Arbeitskontext kann ein humorvolles Auftreten ein entscheidender Vorteil sein, um die Herzen im Büro für sich zu gewinnen. Beim Vorstellungsgespräch dient ein guter Schmäh nicht selten als Eisbrecher, um die Stimmung zu lockern. Aus Spaß kann allerdings schnell Ernst für alle werden, die sich beim Lustig sein die Finger verbrennen. Wie du diesen Drahtseilakt meisterst und beim Job-Interview nicht zur Lachnummer wirst, erklären wir dir in unserem Blogbeitrag.

Humor im Vorstellungsgespräch: gut oder schlecht?

Bewerbungstipps | Lesedauer: 5 min | veröffentlicht am 10. Juli 2023
Zielgruppe: Bewerber:innen
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Humor im Vorstellungsgespräch: Warum überhaupt lustig sein?

Job-Interviews gelten als formelle und ernsthafte Situationen, die vor allem bei Bewerber:innen mit sehr viel Nervosität und Anspannung einhergehen. Gerade der Beginn des Gesprächs wird daher nicht selten mit unverbindlichem Small Talk gefüllt, bevor es ans Inhaltliche geht. Besonders in dieser Phase des Abtastens hilft Humor dabei, das Gespräch schneller warmlaufen zu lassen, Sympathie zu wecken und aus der Menge herauszustechen.

Beim Vorstellungsgespräch kommt es schließlich darauf an, die zukünftigen Vorgesetzten in nur wenig Zeit von der eigenen Person zu überzeugen. Neben den fachlichen Fähigkeiten, die du dabei überzeugend präsentieren musst, zählt natürlich auch ein selbstbewusstes und charismatisches Auftreten zum Teil des Gesamteindrucks, der später über Zu- oder Absage entscheidet.

Mit authentisch präsentiertem Humor zeigst du, dass du dich nicht vor deinem Gegenüber fürchtest und schnell die Sympathie Fremder für dich gewinnst. Das kann gerade bei Jobs mit viel Kundenkontakt zum entscheidenden Vorteil werden.

Auch nach dem “Abtasten” kann eine humorvolle Anekdote einem zunächst schleppend verlaufenden Gespräch neuen Schwung verleihen. So kann dich eine gut erzählte Geschichte aus unangenehmen Situationen retten und macht vermeintliche Schwächen verzeihlicher.

Als Beispiel dient die gefürchtete Frage nach der Lücke im Lebenslauf: beweist mit deiner Antwort, dass du dir Fehler eingestehen und über dich selbst lachen kannst, wird ein verplempertes Jahr viel weniger Bedenken erzeugen, als wenn du nach Ausreden suchst.

Natürlich gelten Selbstvertrauen und die überzeugende Präsentation der eigenen Stärken als unersetzlich, um einen Recruitment-Prozess zu meistern. Trotzdem kann der humorvolle Umgang mit den eigenen Schwächen aus der Not eine Tugend machen und sympathische Ehrlichkeit ausstrahlen.


Humor beim Job-Interview: wie viel ist zu viel?

So sehr Humor Türen öffnet, kann er sie auch zuschlagen. Das hat in erster Linie einen recht natürlichen Grund:

Humor ist Geschmackssache.

Die Vorstellungen von einem guten Witz sind genauso vielfältig wie die Menschen, die dir beim Bewerbungsgespräch gegenübersitzen.

Davon auszugehen, dass dich sowieso alle lustig finden, kann somit schnell zur bösen Überraschung führen und dich in deinem Selbstvertrauen erschüttern. Zur Orientierung haben wir daher einige Regelverstöße und Grenzüberschreitungen gesammelt, die du beim Vorstellungsgespräch vermeiden solltest.

  1. 1.

    Vermeide sensible Themen

    Wer nur Witze auf Kosten anderer macht, vermittelt keine positive Ausstrahlung. Das gilt vor allem, wenn dein Humor “nach unten tritt” und weniger privilegierte Menschen anvisiert.

    “Lustige” Kommentare über

    • Geschlecht,
    • ethnische Zugehörigkeit,
    • Religion oder
    • sozialen Status

    solltest du allgemein bei neuen Bekanntschaften, aber insbesondere beim Vorstellungsgespräch unterlassen!

    Du läufst damit Gefahr, ins gefürchtete Fettnäpfchen zu treten. Vielleicht verhöhnst du gerade ausgerechnet die Gruppe, der die Person am anderen Tischende angehört. Scheiterst du bereits beim Vorstellungsgespräch daran, deinem Vorgesetzten den nötigen Respekt zu zeigen, kann das dein Talent nicht wieder ausbügeln. Es kann sein, dass sich der “Schmäh” der Menschen in Branchen mit ausgeprägter Berufsidentität sehr ähnelt.

    Dennoch: Du weißt nie genau, wer dir gegenübersitzt und welche Einstellungen und Vorerfahrungen diese Person ins Gespräch bringt. Auch Witze über

    • • politische Parteien,
    • • Essgewohnheiten,
    • • Hobbies oder sogar
    • • Fußballvereine

    solltest du vermeiden, wenn du nicht im Vorfeld aus erster Hand erfahren hast, dass du damit bei der jeweiligen Person punkten kannst.

  2. 2.

    Don’t try too hard

    Gerade, wenn du Humor zu häufig und zu gewollt einsetzt, wirst du damit kein Selbstvertrauen ausstrahlen, sondern eher den Eindruck erwecken, dass es dir genau daran mangelt.

    Zu bemühte Witze im Dauertakt und ein erzwungenes Lachen beim Scheitern der Pointe sind typische Anzeichen von Unsicherheit.

    Besonders, wenn es eigentlich gar nicht deiner Natur entspricht, der oder die “Lustige” zu sein, wirst du keine gute Figur bei Personalern machen. Sie werden dadurch nur den Schluss ziehen, dass deine Versuche strategischer Natur sind und von deinem mangelnden Fachwissen ablenken sollen.

    Humor strahlt nur dann eine positive Aura aus, wenn …

    … er auf natürliche Art und Weise präsentiert und, zumindest in diesem Setting, spontan eingesetzt wird. Vorgefertigte Pointen werden hingegen meistens auch als solche entlarvt.

  3. 3.

    Bleibe professionell und seriös

    Auch wenn Humor oft die Stimmung lockert, wird kein:e Bewerber:in einen nachhaltig professionellen Eindruck erwecken, wenn er oder sie während der ganzen Unterhaltung nur Späße macht.

    Du solltest in jedem Fall immer erkennen, welche Fragen auch eine durchwegs ernsthafte Antwort erfordern. Das gilt vor allem, wenn es um deine Stärken und dein Wissen um das Zielunternehmen geht.

    Nimmst du inhaltliche Fragen deines Gegenübers nicht ernst nimmst, wird er oder sie auch annehmen, dass du deinen Job im Wunschunternehmen nicht ernst nimmst. Sonst wird kein Abschluss kaschieren können, dass sich Geschäftsführer:innen um ihre Zeit beraubt fühlen.

  4. 4.

    Mach dich nicht über den Betrieb lustig!

    Es sollte eigentlich keiner Erwähnung bedürfen: Witze über die Anzugwahl oder die Frisur der Geschäftsführung zu machen, sichert dir eine Absage im Postfach.

    Spott und Neckereien gehören für viele unter engen Vertrauten zum guten Ton. Da du deine Gesprächspartner:innen nicht kennst, bist du allerdings weit von diesem Anspruch entfernt.

    Auch, wenn es sich anbieten würde, die letzten Quartalszahlen oder die misslungene Image-Kampagne deines Zielunternehmens aufs Korn zu nehmen, gehst du ein extremes Risiko ein, das sich nicht auszahlt. Natürlich schätzen viele Vorgesetzte, wenn du bereits beim Vorstellungsgespräch konstruktive Kritik einbringst - die wird allerdings nie als solche ankommen, wenn du dich über etwas lustig machst.

    Eine freche Attitüde kann zwar bei so mancher Geschäftsführung Interesse wecken, sollte aber dennoch nur an den Tag gelegt werden, wenn du dir absolut sicher bist, dass die jeweilige Person diesem Typ Mensch entspricht.

WIR FASSEN ZUSAMMEN

So pokerst du beim Humor richtig

Unser Beitrag dürfte gezeigt haben: mit dem Humor verhält es sich wie mit dem Salz in der Suppe. Richtig portioniert und platziert macht er jedes Bewerbungsgespräch bekömmlicher, bei falscher Dosierung hingegen ungenießbar.

Zum Abschluss geben wir dir daher noch drei Tipps, wie du deinen Humor auch charmant in Szene setzen kannst:

Bereite dich gut vor

Wie bereits erwähnt, sollte eine lustige Anmerkung im Vorstellungsgespräch eher spontan und natürlich von den Lippen gehen, wenn du Authentizität versprühen willst. Planst du bewusst, deinen Humor einzusetzen, kannst du dennoch entscheidende Vorbereitungen treffen.

Dazu zählt vor allem eine gute Recherche:
Sammle Informationen über die Unternehmenskultur und deine:n Gesprächspartner:in, die dir Hinweise liefern, für welche Spielarten des Humors die Ampel grün zeigt. Vielleicht gibt es Angestellte oder Ex-Mitarbeiter:innen in deinem Umfeld, die dir verraten, ob eine Geschäftsführerin oder ein Personaler sich beim sonst langwierigen Bewerbungsmarathon gern amüsieren lässt oder selbst zu Scherzen aufgelegt ist, um Bewerber:innen ebenso dazu herauszufordern. Das kann dir dabei helfen, den richtigen Ton und die richtige Art von Humor zu finden, um im Gespräch zu brillieren.

Read the Room

Du verringerst das Risiko eines peinlichen Auftrittes, indem du das Auftreten deines Gegenübers zu Beginn des Gesprächs gut beobachtest.

Achte aufmerksam auf die Körpersprache und Mimik, wenn du erste harmlose lockere Anmerkungen einstreust. Verspürst du positive Reaktionen, kannst du weitermachen. Wenn dein Gegenüber allerdings Anzeichen von Unbehagen, Desinteresse oder gar Ärger zeigt, solltest du lieber sachlich bleiben.

Generell gilt: sich in dieser kurzen Zeit ein klares Urteil über den Humor einer fremden Person zu erlauben, erfordert viel Einfühlungsvermögen und eine gute Menschenkenntnis. Wenn du dich in Vergangenheit bereits oft beim ersten Eindruck getäuscht hast, solltest du also lieber die Finger davonlassen.

Bleib dir treu

Versuche beim Job-Interview nicht, ein auswendig gelerntes Stand-Up-Programm abzuspielen. Personaler:innen sind besonders geschult darin, Schauspielerei als solche zu erkennen, immerhin ist es ihr Job, Menschen in kurzer Zeit einzuschätzen.

Wenn eine fremde Person deinen Humor nicht versteht oder teilt, bedeutet das nicht unbedingt, dass dein Humor schlecht ist. Dennoch sollte er zu einer deiner großen Stärken gehören, mit der du auch unterschiedliche Menschen schnell in den Bann ziehst, wenn du ihn zum festen Bestandteil deines Auftretens im Job-Interview machen willst. Es zeugt jedenfalls von Selbstbewusstsein, sich selbst einzugestehen, nicht die Gabe zu besitzen “The Funny One” zu sein.

Wer sich stattdessen auf andere, natürliche Eigenschaften und Talente fokussiert, wird auch ganz ohne das große Gelächter eine vielversprechende Stelle ergattern.

 

Maximilian E.

Max widmet sich in seinem Beruf- und Privatleben ganz dem geschriebenem Wort in all seinen Facetten. Nach seinem Studium in Innsbruck, das er 2020 mit einem Master in Medienwissenschaften abschloss, war er in verschiedenen renommierten Redaktionen tätig, zu denen auch der Standard oder das VICE Magazin in Berlin zählen. Für seine Arbeit wurde er 2021 zu einem der 30 besten Jungjournalist:innen in Österreich gekürt. Neben seiner Tätigkeit als freier Journalist arbeitet er auch als Texter und bedient die Tastatur seit Beginn 2023 für uns. Seine Prinzipien als Journalist lässt er auch mit seinen Blogbeiträgen für unsere Portale nicht außer Acht: so will er Ungerechtigkeiten in der Arbeitswelt stets auf den Grund gehen und stellt die Bedürfnisse von Arbeitnehmer:innen stets in den Fokus.

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