Überstunden: Welche Rechte habe ich?

Überstunden, Mehrstunden, Zeitausgleich - die Begriffe und Regeln rund um die zusätzliche Arbeitszeit sorgen oftmals viel Verwirrung - und das zurecht. Denn das österreichische Arbeitsrecht ist diesbezüglich ein echter Paragrafendschungel. Umso wichtiger ist es für Arbeitgeber:in und Arbeitnehmer:in, die eigenen Rechte genau zu kennen, um nicht ausgenutzt zu werden. Wir wollen dir mit unserem Blogbeitrag einen leicht verständlichen Überblick verschaffen.

Überstunden: Welche Rechte habe ich?

Was sind eigentlich Überstunden?

Überstunden machst du dann, wenn du länger arbeitest, als gesetzlich vorgeschrieben ist. Es gibt 2 verschiedene Formen von “Normalarbeitszeit”

  • die wöchentliche (40 Stunden) und
  • die tägliche (8 Stunden).

Diese Maximalstunden können allerdings anders eingeteilt werden, dabei gibt es gewisse gesetzliche Ausnahmen. Beispielsweise kannst du auch von Montag bis Donnerstag jeweils 9 Stunden arbeiten und dann am Freitag früher in die Wochenendruhe entlassen werden (kurzer Freitag). Auch, wenn Fenstertage konsumiert werden, kann die Normalarbeitszeit dafür im Gegenzug auf zehn Stunden pro Tag steigen.

Weitere Ausnahmen sind

  • die Arbeitsbereitschaft am Wochenende oder
  • wenn nach Gleitzeit gearbeitet wird. (Ein Gleitzeitguthaben entspricht nicht zwingend Überstunden!)

Sonderfall: Teilzeit

Auch Teilzeitarbeitende stellen einen Sonderfall dar: Immerhin arbeiten sie nicht zwingend mehr als die vorgesehenen 40 Stunden pro Woche, wenn sie am Abend länger bleiben. Überstunden liegen für sie erst dann vor, wenn sie die 40 Wochenstunden überschreiten.

Ansonsten spricht man bei Teilzeitarbeitenden von „Mehrarbeit“, die meist ebenso wie die herkömmliche Arbeitszeit vergütet wird, aber auch je nach Arbeitsvertrag besser entlohnt werden kann.


Wie viele Überstunden darf oder muss ich machen?

Auch das Ausmaß der Überstunden ist gesetzlich geregelt:

  • Pro Woche sind zwanzig Überstunden erlaubt und
  • innerhalb von 17 Wochen darf der Wochendurchschnitt an geleisteten Arbeitsstunden nicht über 48 Stunden liegen.

Der 12-Stunden-Tag

Außerdem gilt, dass pro Tag nicht mehr als 12 Stunden gearbeitet werden darf.

Darüber hinaus gilt: Ab der 11. Stunde pro Tag oder der 51. Stunde pro Woche darfst du weitere Überstunden ablehnen, ohne dafür einen Grund angeben zu müssen. Unter besonderen Umständen wie Notfällen kann eine Überschreitung dieser Grenzen jedoch erlaubt sein.


Darf ich Überstunden ablehnen?

Ein häufiges Konfliktthema zwischen Arbeitskraft und Vorgesetzten: der Chef oder die Chefin verlangt, dass du im Büro bleibst, obwohl du bereits geplant hattest nach Hause zu gehen. Um einen guten Eindruck zu machen, lassen sich viele dazu überreden, doch noch länger zu bleiben - vor allem, wenn es die anderen Mitarbeitenden auch tun.

Dabei verleiht das Arbeitsrecht Arbeitgeber:innen grundsätzlich nicht die Macht, Überstunden einfach zu verordnen. Angestellte verpflichten sich aber oftmals dazu, indem sie

  • im Kollektivvertrag,
  • einer Betriebsvereinbarung oder
  • ihrem Arbeitsvertrag

mit ihrer Unterschrift dazu einstimmen.

Aber dürfen nun Überstunden abgelehnt werden?

Es gelten dennoch auch bei vertraglich vereinbarten Überstunden die im vorherigen Punkt genannten Höchstgrenzen. Außerdem kannst du Überstunden ablehnen, wenn ein “berücksichtigendes Interesse” deinerseits besteht.

Das können zum Beispiel familiäre Gründe oder körperliche Beschwerden sein. Es gilt dabei immer, dein Interesse mit dem des Betriebs abzuwägen - was im Speziellen oft nicht einfach zu klären ist. Liegt kein triftiger Grund für dich vor, die zusätzliche Arbeitszeit abzulehnen, solltest du dir diesen Schritt also genau überlegen.

Kann ich wegen abgelehnten Überstunden gekündigt werden?

Nein! Wenn du es ablehnst, mehr als 10 Stunden am Tag zu arbeiten, darfst du allerdings nicht aus diesem Grund gekündigt werden. In diesem Fall kannst du deine Entlassung vor Gericht bis zu zwei Wochen lang anfechten.


Wie bekomme ich Überstunden ausbezahlt?

Der 50%-Zuschlag

Zusätzliche Arbeit soll auch zusätzlich belohnt werden - das gilt insbesondere bei Überstunden. Für sie bekommst du, falls nicht anders im Einzelvertrag geregelt, einen Zuschlag von 50%.

Wenn dir Zeit wichtiger als Geld ist, kannst du Überstunden auch auf dein Arbeitszeitkonto gutschreiben, bei dem dasselbe Prinzip gilt:

eine Überstunde entspricht 1,5 Stunden Zeitausgleich, den du später “einlösen” kannst, wenn du mal früher nach Hause möchtest.

Der 100%-Zuschlag

Manche Kollektivverträge sehen für

  • Sonntags-,
  • Nacht- und
  • Feiertagsarbeit

darüber hinaus einen 100%-Zuschlag vor. Schau dir deinen Kollektivvertrag also genau an, bevor du eingestellt wirst.


Was ist eine Überstunden­pauschale?

In manchen ist auch eine sogenannte Überstundenpauschale enthalten. Das bedeutet, dass dir immer der gleiche Betrag ausgezahlt wird, egal wie viel Überstunden du leistest.

Dein Vorteil: wenn du mehr Überstunden leistest als in der Pauschale vorgesehen, bekommst du diese trotzdem zusätzlich ausgezahlt.

Du solltest in jedem Fall immer mit einer Führungskraft absprechen, wann und ob du einen Zeitausgleich einlösen möchtest. Ob Überstunden per Zeitausgleich oder mit Lohn kompensiert werden, wird meist im Arbeitsvertrag festgelegt. Ab der 11. Arbeitsstunde am Tag oder der 51. Arbeitsstunde in der Woche kannst du allerdings selbst darüber entscheiden, wie du deinen Aufwand ausgeglichen bekommen möchtest.

Achtung: In jedem Fall gilt, dass du deine Arbeitszeit sorgfältig aufzeichnen und dokumentieren solltest, um deinen Zuschlag auch rechtlich einfordern zu können. Viele Betriebe handhaben das aber mittlerweile anhand digitaler Stechuhrsysteme automatisch.


Bekomme ich auch Überstunden auf Dienstreisen?

Bei Dienstreisen gilt: Fährst du mit dem Auto zum Zielort, gilt das als aktive Arbeitszeit, die auch zu Überstunden führen kann. Bei Bus- oder Bahnanfahrt oder Abfahrt entscheidet allerdings der Kollektivvertrag, ob das als normale Arbeitszeit gezählt wird.

Achtung: Bei Dienstreisen, bei denen du dich auch mehrere Tage an einem anderen Ort aufhältst, gelten die gesetzlichen Überstundenregeln von 12 Stunden am Tag und 60 Stunden in der Woche nicht mehr und können überschritten werden – immerhin bist du ja mindestens 24 Stunden für deinen Betrieb unterwegs.

Ob die Schlafenszeit im Hotelzimmer als Überstunden gerechnet wird, wird oft individuell vereinbart.


Können Überstunden verfallen?

Leider ja. Im Normalfall verjähren Überstunden nach drei Jahren. Meist sind es aber individuelle Verträge, die die Ablaufzeit regeln und oftmals stark variieren. In jedem Fall gilt: Wenn du es versäumst, deine Überstunden auszugleichen, hast du nach dem Verfallsdatum keinen Rechtsanspruch mehr.


Was tun, wenn Überstunden nicht ausbezahlt werden?

Es ist leider Gang und gäbe: Angestellte leisten zu viel Arbeit und werden dafür nicht einmal entlohnt. Viele trauen sich nicht, die unbezahlten Stunden einzufordern, weil sie Angst haben, deshalb bei ihren Vorgesetzten in Verruf zu geraten. Du solltest aber wissen: forderst du deine rechtmäßigen Überstunden ein und wirst deshalb gekündigt, kannst du diese Kündigung anfechten.

Zunächst solltest du allerdings deine Überstunden schriftlich von deinem Unternehmen einfordern. Falls das nicht hilft, kannst du sie vor Gericht einklagen. Für Rechtshilfe kannst du dich dabei zum Beispiel an die Arbeiterkammer wenden. Wenn du deine Überstunden sorgfältig dokumentiert hast, hast du in der Regel gute Chancen auf Entschädigung.


Ich habe oder wurde gekündigt. Bekomme ich meine Überstunden ausgezahlt?

Ebenso wie offener Urlaub müssen auch Überstunden nach der Aufhebung des Dienstverhältnisses grundsätzlich ausbezahlt werden. Allerdings musst du, wenn dein ehemaliger Chef oder Chefin das Geld nicht freiwillig „rausrückt“ (einvernehmliche Auflösung), auch in diesem Fall rechtlich vorgehen.

Wichtig ist, dass auch hier Verfallsfristen existieren, nach denen du keinen Anspruch mehr hast. Diese Frist ist oft im Kollektiv-, oder Dienstvertrag geregelt und liegt meist bei 4 bis 6 Monaten ab der Auflösung des Dienstverhältnisses - durch wen auch immer.


Wir fassen zusammen

Viele Menschen leisten zu viele Überstunden, um die Karriereleiter schneller hinaufzuklettern. Andere, weil sie sich von ihren Vorgesetzten und Kollegen einschüchtern lassen oder Gruppenzwang verspüren. Wenn mehr Menschen ihre Rechte bezüglich Überstunden kennen würden, würde das mitunter auch weniger Ausbeutung durch Führungskräfte nach sich ziehen. Nachdem du dich bei uns kundig gemacht hast, kannst du also auch betroffene Mitarbeiter:innen über deren Möglichkeiten informieren.

Überstunden sind nicht ungefährlich. Arbeitest du zu viel und überlastest dich, setzt du deine körperliche und geistige Gesundheit aufs Spiel. Achte daher zuerst auf dich und deinen Körper, bevor du bei Überstunden vorschnell klein beigibst, nur um einen guten Eindruck zu machen. Immerhin sind die Zeiten der Akkordarbeit vorbei - und auch Arbeitgeber:innen sollten auf die Gesundheit ihres Personals achten, wenn sie für ein nachhaltig positives Klima im Unternehmen sorgen wollen.

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